In Folge 14 von „Mystik und Geist“ sprechen wir mit Isabella Guanzini, Professorin für Fundamentaltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz und Claudia Kapeller, Obdachlosen- und Krankenhausseelsorgerin in der Diözese Linz über Zärtlichkeit. Für sie geht Zärtlichkeit über bloße Berührung hinaus, vielmehr stellt Zärtlichkeit eine geistige Haltung und Grundlage für ein sinnerfülltes Leben dar.
„Es geht um Sensibilität, um ein Wahrnehmen der Fragilität des Anderen. Gleichzeitig ist Zärtlichkeit mit dem Bewusstsein der eigenen Verletzlichkeit verbunden“, erklärt Isabella Guanzini, Professorin für Fundamentaltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz ihr Verständnis des Begriffs. Dieses Bewusstsein betrachtet Guanzini als „Element der Stärke – ein Element, das uns menschlicher, humaner macht.“ Vielen Menschen falle es nicht leicht, über Zärtlichkeit zu sprechen, denn „unsere Leistungsgesellschaft zielt auf Erfolg und Performance. Wir assoziieren Zärtlichkeit mit Sentimentalität und Schwäche. Der Begriff scheint nicht in den aktuellen Zeitgeist zu passen“, so Guanzini. Doch gerade im modernen Zeitalter der „Coolness“, Resignation und Härte und im Hinblick auf gesellschaftliche Spannungen sei Zärtlichkeit genau „diese Art von Präsenz, die wir gerade brauchen“, meint die Theologin. Sie zeigt Wege auf, soziale Defizite im Zusammenleben der Menschen zu verringern.
Wie Zärtlichkeit im Alltag gelebt werden kann und welche Bedeutung Zärtlichkeit in der Seelsorge hat, darauf geht Claudia Kapeller ein. Im Gespräch schildert die Krankenhaus- und Obdachlosenseelsorgerin Erfahrungen aus ihrer Arbeit. „Zärtlichkeit ist ein Grundbedürfnis – besonders für Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden und am Rande der Gesellschaft stehen“. Die Würde jedes Einzelnen zu sehen und „ein Stück des Weges mitzugehen“ ist Kapeller bei der Begleitung kranker und wohnungsloser Menschen wichtig. Sie erklärt: „Für mich ist Zärtlichkeit eine besondere Zuwendung zum Menschen.“ Das Gegenüber „mit allen Sinnen“ wahrzunehmen, sich auf Menschen einzulassen und ihnen mit Sanftheit, Offenheit und Wertschätzung zu begegnen, all das umfasse Zärtlichkeit. Zärtlichkeit zeige sich „natürlich in der Berührung, – aber nicht nur. Es ist eine Haltung, es sind die Worte, es macht den Menschen aus“, unterstreicht Kapeller.
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