Müll, Urin und Kot: Das finden Pendler vor, wenn sie ihr Fahrrad in der Garage unter dem Linzer Hauptbahnhof abstellen. Viele sprechen von völlig untragbaren Zuständen, andere berichten davon, dass sie sich unsicher fühlen. Die Radlobby fordert jetzt die Stadt dringend zum Handeln auf. Die will aber nichts unternehmen.
Die gläserne Eingangstür wird immer wieder aus den Angeln gerissen oder zerschlagen, Passanten berichten von herumlungernden Jugendlichen, Saufgelagen und Drogendeals. Auch mehrere Wohnungslose haben in der Fahrradgarage ihr notdürftiges Quartier aufgeschlagen. Weil es im Bahnhof keine kostenlosen Toiletten gibt, erleichtern sie sich in einer dunklen Ecke. Diese unmenschlichen Zustände müsse die Stadt Linz abstellen, fordert die Radlobby. “Wir meinen, dass es in einer sozialdemokratisch regierten Stadt möglich sein sollte, eine Verbesserung der Situation der Obdachlosen am Hauptbahnhof zu erreichen,” schreibt die Radlobby in einer aktuellen Aussendung. Die Menschen bräuchten eine ordentliche Notschlafstelle und kostenlose Sanitäranlagen.
Neues Zugangssystem gefordert
Dann müsse man die Fahrradgarage instand setzen und das elektronische Zutritts-System erneuern. In Salzburg etwa hat man nach ähnlichen Problemen die Zutrittskontrolle in der Fahrradgarage verschärft: Nur wer eine eigene Chipkarte der Stadt für eine geringe monatliche Gebühr erwirbt, hat Zugang zur Fahrradstation. Seit diese Umstellung ist es im Fahrradkeller am Salzburger Hauptbahnhof sauber und sicher. Für Kurzzeit-Parker und gelegentliche Besucher stehen überdachte Radständer an der Oberfläche zur Verfügung.
Die Stadt Linz will aktuell nichts unternehmen und erst einmal abwarten, bis 2025 der lange geplante überdachte Fahrradparkplatz vor dem Bahnhof endlich fertig ist. Dann soll die Fahrradgarage aufgelassen werden, heißt es im Linzer Rathaus. Erschwert wird die Lösung der Probleme durch ein Wirrwarr an Zuständigkeiten: Der Bahnhof gehört den ÖBB, das daneben liegende Busterminal, die Tiefgarage und der Fahrradkeller darunter einer mehrheitlich von der Raiffeisen Landesbank gehaltenen Immobiliengesellschaft. Das Busterminal ist ans Land vermietet, der Fahrradkeller an die Stadt Linz. Die Tiefgarage betreibt Raiffeisen selbst. Das bedeutet auch, dass die im Bahnhof permanent präsenten ÖBB-Sicherheitsleute in den Garagen und im Busterminal nicht zuständig sind und den Missständen tatenlos zusehen müssen.
Stadt und Land streiten über Zuständigkeiten
Zwar gibt es seit Jahren ein Konzept zur Sanierung des inzwischen völlig desolaten Busterminals, das auch eine Lösung für die Fahrradgarage mit einschließt. Der oberösterreichische Landtag hat es bereits im Juni 2023 abgesegnet. Doch die Stadt Linz zieht nicht mit. Sie müsste ein Viertel der Sanierungskosten von knapp sieben Millionen Euro zahlen. Stadtsenat und Gemeinderat wollten die 1,75 Millionen Euro allerdings bisher nicht locker machen. Das soll erst passieren, wenn sich das Land finanziell an der bereits abgeschlossenen Sanierung des Mona-Lisa-Straßentunnels beteiligt. Das lehnt aber wiederum das Land kategorisch ab.
Für die Radlobby ist klar: Es muss schnell etwas passieren. Denn Linz brauche geeignete Fahrradabstellplätze für Pendler. Sonst werde der auch von Verkehrsstadtrat und Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP) vorangetriebene Umbau zur Fahrradstadt nicht gelingen. “Der Radkeller wird nach wie vor gebraucht werden, auch wenn die Abstellanlage an der Oberfläche erweitert wird”, heißt es von der Radlobby. Auf die rund 700 unterirdischen Fahrradstellplätze könne man nicht verzichten.
Der Ball liegt jetzt bei der Stadt Linz. Allerdings nicht etwa beim für Verkehrsangelegenheiten zuständigen Vizebürgermeister Hajart (ÖVP), sondern bei seinem Kollegen Dietmar Prammer von der SPÖ. Er ist für alle Liegenschaften zuständig, die die Stadt besitzt oder langfristig angemietet hat. Die Forderung nach mehr Notschlafstellen für Wohnungslose fällt wiederum ins Sozialressort von Vizebürgermeisterin Karin Hörzing (SPÖ). Die reicht die heiße Kartoffel aber gleich wieder ans Land Oberösterreich weiter – konkret an Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP). Auch in der Politik sind die Zuständigkeiten für die Probleme rund um den Linzer Hauptbahnhof also mehr als zersplittert. Und im Zweifelsfall leider nicht zuständig zu sein, scheint einigen Verantwortlichen auch ganz gelegen zu kommen.